• Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)
  • Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Auricher Schloss (undatiert)

Georg Christian (1634-1665)

1660-1665 Graf / Fürst von Ostfriesland

Auricher Regentenporträts: Ständesaal der Ostfriesischen LandschaftAuricher Schloss

Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Besitz des Heimatvereins Leer (undatiert)
Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) – Porträt im Besitz des Heimatvereins Leer (Undatiert. Foto: Thomas Schreiber)

Georg Christian, zweiter Sohn von Graf Ulrich II. und Juliane, Landgräfin von Hessen, wuchs in enger Gemeinschaft mit seinem jüngeren Bruder Edzard Ferdinand am Hof in Aurich auf. Gemeinsam mit ihm erhielt er auch ab 1649 seine Erziehung an den Akademien von Breda und Tübingen. Da sich bei Georg Christian aber schon recht bald ein wachsendes Desinteresse und schließlich auch mangelnde Begabung für seine weiteren Studien bemerkbar machten, wurde seine Ausbildung vorzeitig für beendet erklärt. Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris kehrte Georg Christian bereits im April 1656 wieder endgültig nach Aurich an den Hof seines ältesten Bruders Enno Ludwig zurück.

Der Tod Enno Ludwigs im März 1660 machte Georg Christian unvermutet zu dessen Nachfolger. Georg Christian wußte seine neue Stellung als Landesherr sehr wohl zu schätzen, ihren Anforderungen suchte er sich jedoch stets zu entziehen. Um die Landespolitik kümmerte er sich fast gar nicht, seine eigentlichen Interessen galten dem Familienbesitz sowie der Bedeutung seiner Position und seiner Vorrechte. Diese verteidigte er mit einer an Starrsinn grenzenden Hartnäckigkeit gegen alle echten wie auch eingebildeten Übergriffe. Seine Haltung brachte ihn vom Tag seiner Regierungsübernahme an nicht nur in Gegensatz zu seinem Bruder, sondern auch zu den Ständen, die ihm sogar jegliche Gefolgschaft verweigerten. Die Lösung seiner Probleme überließ Georg Christian bereitwillig anderen. Der Streit mit Edzard Ferdinand, dem Georg Christian die Auszahlung seines Anteils am elterlichen Erbe sowie einer Apanage verweigerte, mußte in geduldigen Bemühungen von diesem selbst bereinigt werden. Die Lösung seiner innenpolitischen Probleme lagen in der Hand des Kanzlers, Hermann Höpfner. Dieser meisterte sie in den ersten beiden Regierungsjahren Georg Christians auch geschickt, scheiterte dann 1662 aber nicht zuletzt an der mangelnden Unterstützung seines Landesherrn.

Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Kupferstich-Porträt im Besitz der Gesellschaft für Bildende Kunst und Vaterländische Altertümer Emden (A. Blotelingh nach A. Sanders, 1665)
Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) – Kupferstich-Porträt im Besitz der Gesellschaft für Bildende Kunst und Vaterländische Altertümer Emden (A. Blotelingh nach A. Sanders, 1665. Quelle: Ostfriesisches Landesmuseum Emden)

Nur ein Jahr später gefährdete Georg Christian mit seinem Verhalten in der Frage einer innerfamiliären Schuldenregelung zwischen den Häusern Cirksena und Liechtenstein sein gesamtes Staatsgebiet, als er durch die einseitige Konzentration auf eine mögliche Vermeidung der Auszahlung oder wenigstens eine Verringerung der Schuldsumme Spannungen zwischen dem mit der Eintreibung der Gelder beauftragten Bischof von Münster und der Regierung in Den Haag provozierte, die im Mai 1664 schließlich zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Münster und Ostfriesland auf ostfriesischem Boden führten. Die Beseitigung dieser Schwierigkeiten übernahmen dieses Mal die Stände, die mit Hilfe der Niederlande die Gelder zur Bezahlung der Familienschulden aufbrachten. Erfolgreich war Georg Christian allein in der Frage der Erhöhung seines Ranges. Am 13. April 1662 wurde er in den Reichsfürstenstand erhoben. Seine neue Stellung festigte er durch die ehrgeizige Heirat mit Christine Charlotte, einer jüngeren Tochter des Herzogs von Württemberg. Mit ihr hatte er zwei Töchter, die noch im Kleinkindalter starben sowie einen postum geborenen Sohn, Christian Eberhard, der sein Nachfolger wurde.

Am 6. Juni 1665 starb Georg Christian überraschend nach einer fünfjährigen Regierung voller Unruhen und Auseinandersetzungen, deren Ursachen und Verlauf wenig Zweifel daran lassen, daß Georg Christian von den drei Söhnen Ulrichs II. von Veranlagung, Interessen und Fähigkeiten her der zur Landesregierung am wenigsten geeignete war.

Sabine Heißler

Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Ausschnitt aus: Carl Köhl: Die Grafen und Fürsten von Ostfriesland und Harlingerland (1844) - Lithographie im Besitz der Ostfriesischen Landschaft
Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) – Ausschnitt aus: Carl Köhl: Die Grafen und Fürsten von Ostfriesland und Harlingerland (1844) – Lithographie im Besitz der Ostfriesischen Landschaft

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Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Münzporträt (Taler, ohne Jahresangabe. Aus: Münz- und Medaillen-Kabinet des Grafen Karl zu Inn- und Knyphausen)
Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) – Münzporträt (Taler, ohne Jahresangabe. Aus: Münz- und Medaillen-Kabinet des Grafen Karl zu Inn- und Knyphausen)
Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Münzporträt (Taler, ohne Jahresangabe. Aus: Münz- und Medaillen-Kabinet des Grafen Karl zu Inn- und Knyphausen)
Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) – Münzporträt (Taler, ohne Jahresangabe. Aus: Münz- und Medaillen-Kabinet des Grafen Karl zu Inn- und Knyphausen)

Der Bruder: Edzard Ferdinand (1636-1668)

Edzard Ferdinand, jüngster Sohn von Graf Ulrich II. und Juliane, Landgräfin von Hessen, wurde nach einer in erzieherischer Hinsicht fast völlig vernachlässigten Kindheit von seinem vierzehnten Lebensjahr an auf den Akademien von Breda und Tübingen erzogen. Seine Ausbildung vervollständigte er durch die zeitgemäßen ausgedehnten Reisen, die ihn nach Frankreich, in die Schweiz (besonders Genf), nach Italien und schließlich nach England führten. Während seiner Studien erwies er sich bereits frühzeitig als der begabteste der drei Söhne Ulrichs II. 1658 kehrte er endgültig nach Aurich zurück und lebte dort am Hof seines ältesten Bruders, Graf Enno Ludwig. Nach dessen überraschendem Tod im März 1660 bot Edzard Ferdinand seinem nun die Nachfolge als Landesherr antretenden älteren Bruder Georg Christian eine Mitregierung an. Der Vorschlag entsprang seinem Bedürfnis, zwei Jahre nach dem endgültigen Abschluß seiner Studien endlich eine angemessene Stellung und Beschäftigung zu finden. Sein Versuch scheiterte jedoch an dem Eigensinn Georg Christians, der eine Beteiligung Edzard Ferdinands an der Landesregierung, sei sie offizieller oder auch nur privater Natur, kategorisch ablehnte. Gleichfalls abgelehnt wurden auch Edzard Ferdinands Forderungen nach der Auszahlung seines Anteils am elterlichen Erbe sowie einer Apanage zu seinem Unterhalt, was zu einer tiefen Mißstimmung zwischen den Brüdern führte. Nur wenige Wochen später wurden diese innerfamiliären Streitigkeiten zu einem Politikum. Ein Teil der Stände, der sich unter der Führung der Stadt Emden geweigert hatte, den Regierungsantritt Georg Christians anzuerkennen, plante nämlich offen, Edzard Ferdinand anstelle seines Bruders als Landesherrn einzusetzen und hoffte vor allem auf Grund des Gegensatzes zwischen den Brüdern auf ein erfolgreiches Gelingen dieses Plans. Die bekannte Freundlichkeit und Nachgiebigkeit Edzard Ferdinands, die ihn der ständischen Opposition als so geeigneten Gegekandidaten hatte erscheinen lassen, verhinderte jedoch, daß sich die rebellischen Stände durchsetzten. Edzard Ferdinand bemühte sich nämlich, kaum daß ihm das ständische Vorhaben bekannt wurde, sofort angestrengt um eine Aussöhnung mit Georg Christian. Vor allem auf Grund seiner geduldigen Annäherungsversuche konnte bereits am 19. Januar 1661 ein Vertrag zwischen den Brüdern geschlossen werden, in dem Edzard Ferdinand gegen eine jährliche Apanage auf eine Mitregierung offiziell Verzicht leistete. Von da an lebte Edzard Ferdinand für die nächsten Jahre in relativer Zurückgezogenheit mit einem kleinen Hofstaat in Norden. Am 22. Juli 1665 verheiratete er sich mit Anna Dorothea von Criechingen und Püttlingen, mit der er zwei Söhne hatte.

Fast zur gleichen Zeit erhob sich auch noch einmal die Frage des Regierungsantritts von Edzard Ferdinand, da Georg Christian Anfang Juni 1665 plötzlich verstorben war. Wegen der bestehenden Schwangerschaft der Fürstenwitwe aber konnte Edzard Ferdinand die Regierung zunächst nur in Vertretung eines eventuellen männlichen Erben Georg Christians übernehmen. Die folgenden vier Monate der Interimsregierung Edzard Ferdinands sind durch eine intelligente, wenn auch zum Teil übervorsichtige Politik gegenüber den Ständen gekennzeichnet, deren Machtstreben das größte innenpolitische Problem des Fürstentums bildete. In deutlichem Gegensatz zu seinen Vorgängern strebte Edzard Ferdinand einen Ausgleich mit den Ständen und die Aufrechterhaltung des inneren Friedens an, ohne landesherrliche Positionen aufzugeben. Insgesamt war die Zeit seiner Regierung jedoch viel zu kurz, um zeigen zu können, ob seine veränderte Vorgehensweise innenpolitische Erfolge zeitigte. Die Geburt Christian Eberhards im Oktober 1665 setzte allen Experimenten ein Ende. Gemeinsam mit seiner Schwägerin sowie den Herzögen von Württemberg und Braunschweig-Lüneburg trat Edzard Ferdinand voller Verantwortungsbewußtsein für seine Aufgabe in eine Vormundschaftsregierung für Christian Eberhard ein. Die Fürstenwitwe jedoch, bestrebt eigene ehrgeizige Pläne zu verwirklichen, zog ihn weder zu Regierungsangelegenheiten hinzu, noch beachtete sie seine Ratschläge und späteren Einwände gegen die von ihr verfolgte Politik. Aufgrund ihrer kompromißlosen Haltung gegenüber den Ständen wuchsen die innenpolitischen Spannungen in den nächsten zwei Jahren derart, daß sich selbst der immer um Ausgleich bemühte Edzard Ferdinand gezwungen sah, einzuschreiten. Obwohl er bereits schwerkrank war, nahm er im Herbst 1667 einen von den Ständen aufgebrachten und von den Niederlanden unterstützten Vorschlag an, anstelle der Fürstin Christine Charlotte allein die Vormundschaftsregierung für seinen Neffen zu führen. Sein vorzeitiger Tod am 1. Januar setzte diesen Plänen jedoch ein Ende.

Sabine Heißler

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Fürstenkinder (?): eventuell Kinder Georg Christians und/oder Edzard Ferdinands (? - Christian Eberhard, Edzard Eberhard Wilhelm, Friedrich Ulrich) - Gemälde im Besitz der Ostfriesischen Landschaft (A. Sanders, 1672)
Fürstenkinder (?): eventuell Kinder Georg Christians und/oder Edzard Ferdinands (? – Christian Eberhard * 1665, Edzard Eberhard Wilhelm * 1666, Friedrich Ulrich * 1667) – Gemälde im Besitz der Ostfriesischen Landschaft (A. Sanders, 1672)

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