• Ulrich II. (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (Kopie aus dem 19. Jahrhundert)

Ulrich II. (1605-1648)

1628-1648 Graf von Ostfriesland

Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft

Ulrich II. (Graf von Ostfriesland) - Kupferstich-Porträt aus der Albertina Wien (C. Koning nach A. Andriessen, um 1650)
Ulrich II. (Graf von Ostfriesland) – Kupferstich-Porträt (C. Koning nach A. Andriessen, um 1650. Quelle: Albertina Wien – gemeinfrei)

Völlig unvorbereitet – die übliche Kavalierstour durch Frankreich und England hatte keine Spuren hinterlassen – mußte der 23jährige Ulrich die Herrschaft in Ostfriesland antreten, nachdem sein Bruder Graf Rudolf Christian unerwartet gestorben war. Zwanzig Jahre hat er regiert in der bittersten Zeit, welche das Land durchlebte, als es von fremden Besatzungen im Dreißigjährigen Kriege ausgesogen wurde. Diese Last hat Ulrich unter der Anleitung der Kanzler Wiarda und Bobart getragen; wieweit sie ihn persönlich berührt hat, ist unbekannt.

Ulrich II. (Graf von Ostfriesland) - Münzporträt (Dicker Doppeltaler, 1632. Aus: Münz- und Medaillen-Kabinet des Grafen Karl zu Inn- und Knyphausen)
Ulrich II. (Graf von Ostfriesland) – Münzporträt (Dicker Doppeltaler, 1632. Aus: Münz- und Medaillen-Kabinet des Grafen Karl zu Inn- und Knyphausen)

Auch wird ihm die zeitübliche Lust an Speise und Trank in gewaltigen Mengen nachgesagt („ist Trinken seine Freud“), so daß die ostfriesische Geschichtsschreibung Ulrich ein schlechtes Zeugnis erteilt hat. Sicher ist, daß seine Passivität schwer entscheiden läßt, wie weit die wenigen epochemachenden Beschlüsse in seiner Regierungszeit ihm selber zuzuschreiben sind. Deren bedeutendster ist die Erbverpachtung von Moorflächen bei Timmel 1633, in deren Folge Großefehn entstand, womit die ostfriesische Fehnkultur eröffnet wurde. 1631 in Norden und 1646 in Aurich entstanden aus Stiftungen landesherrlichen Vermögens Gymnasien, die als „Ulricianum“ noch heute des Grafen Namen lebendig halten. Auch bleibt ungewiß, wieweit Ulrich hinter der Kirchenordnung des Generalsuperintendenten Walther stand. Mit der Belehnung des Obersten Ernreitter (Ehrenreuter) mit Loga schuf Ulrich eine neue adlige Herrlichkeit im Lande.

Mindestens eine Entscheidung hat der Graf selbst getroffen: die zur Heirat mit der kapriziösen hessischen Landgräfin Juliane aus der Darmstädter lutherischen Linie, für welche er mitten in den Nöten des Dreißigjährigen Krieges einen Park vor dem Auricher Schloß, die Julianenburg, anlegen ließ. Beim Tode Ulrichs war die Ehe zerrüttet – ohne daß es hier den Stab zu brechen gilt über den einen wie die andere. Daß aber Ulrich nicht mehr die Energie aufbrachte, den fragwürdigen Umgang seiner Ehefrau mit zweifelhaften Personen zu beenden, muß man wohl seiner immer stärker werdenden Entschlußlosigkeit zurechnen.

Walter Deeters

Ulrich II. und Juliane (Graf und Gräfin von Ostfriesland) - Ausschnitt aus: Carl Köhl: Die Grafen und Fürsten von Ostfriesland und Harlingerland (1844) - Lithographie im Besitz der Ostfriesischen Landschaft
Ulrich II. und Juliane (Graf und Gräfin von Ostfriesland) – Ausschnitt aus: Carl Köhl: Die Grafen und Fürsten von Ostfriesland und Harlingerland (1844) – Lithographie im Besitz der Ostfriesischen Landschaft

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Weitere Regentinnen und Regenten des Hauses Cirksena

  • Carl Edzard (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert)

    Carl Edzard (1716-1744)

    Dem letzten Fürsten von Ostfriesland aus dem Hause Cirksena – sozusagen als sein Charakteristikum – allein geistige Unbeweglichkeit, ja eine gewisse Infantilität und genetische Defizite als Folge eines mehrfachen Ahnenschwundes zu attestieren, damit auch seinen frühen und rätselhaften Tod zu erklären, vielleicht gar zu rechtfertigen, hieße sicher, einer überaus tragischen Figur nicht gerecht zu werden.

    Georg Albrecht (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Georg Albrecht (1690-1734)

    Nach Jahren heftiger Streitigkeiten zwischen der Stadt Emden und den ostfriesischen Landständen einerseits und dem Fürsten Georg Christian bzw. seiner Witwe Christine Charlotte, geb. Herzogin von Württemberg andererseits brachte der Regierungsantritt des Fürsten Christian Eberhard einen lang ersehnten Frieden. Dieser Friede stand jedoch auf unsicheren Füßen.

  • Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Georg Christian (1634-1665)

    Georg Christian, zweiter Sohn von Graf Ulrich II. und Juliane, Landgräfin von Hessen, wuchs in enger Gemeinschaft mit seinem jüngeren Bruder Edzard Ferdinand am Hof in Aurich auf. Gemeinsam mit ihm erhielt er auch ab 1649 seine Erziehung an den Akademien von Breda und Tübingen.

    Enno Ludwig (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Enno Ludwig (1632-1660)

    Der Erstgeborene des Grafen Ulrich II. von Ostfriesland wuchs in den Nöten des Dreißigjährigen Krieges auf. Frühzeitig sorgten die Eltern dafür, ihn daraus zu entfernen und in die sicheren Niederlande zu schicken, die damals das kulturelle Zentrum Europas waren.

    Juliane (Gräfin von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (Kopie aus dem 19. Jahrhundert)

    Juliane (1606-1659)

    Als im Dreißigjährigen Krieg der Graf von Ostfriesland kurze Zeit Herr seiner selbst war, heiratete Ulrich II. im März 1631 die Landgräfin Juliane von Hessen aus der Darmstädter Linie. Damit griffen die Cirksena zum ersten Mal mit ihren Heiratsbeziehungen nach Süddeutschland aus.

    Rudolf Christian (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Rudolf Christian (1602-1628)

    Den Jungverstorbenen gilt die Sympathie der Geschichte, zumal wenn sie vor ihren ersten Fehlern verschieden sind. Rudolf Christian hatte bei dem Antritt der Regierung für sich seine Jugend und die augenblickliche Freiheit Ostfrieslands von Besetzung.

  • Enno III. (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert?)

    Enno III. (1563-1625)

    Der älteste Sohn des Grafen Edzard II., ein leiblicher Vetter des Königs Gustaf II. Adolf von Schweden, soll nach allgemeiner Aussage heiteren Gemütes gewesen sein, dem die Gabe zugefallen war, mit Menschen aller Schichten sprechen zu können.

    Anna (Gräfin von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert?)

    Anna (um 1500-1575)

    Neben den bekannten Cirksena-Grafen Edzard I. und Enno II. gehört die Gräfin Anna von Ostfriesland als Vormundschaftsregentin in die Reihe der Herrscherinnen, deren Regentschaft als eher unspektakulär zu bezeichnen ist.

    Enno II. (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (Kopie aus dem 19. Jahrhundert)

    Enno II. (1505-1540)

    Enno leidet in der Beurteilung bis heute darunter, daß er der Person des Grafen Edzard I. als Sohn und Nachfolger nicht gleichkam. War es Unfähigkeit oder Schicksal? Alles deutet darauf hin, daß diese Frage mit dem ersten Wort beantwortet werden muß.

  • Enno I. (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Enno I. (um 1460-1491)

    Der älteste Sohn des Grafen Ulrich I. von Ostfriesland übernahm in den Jahren nach 1480 mehr und mehr Regierungsaufgaben von seiner Mutter, der Gräfin Theda. Eine förmliche Regierungsübernahme fand nicht statt.

    Theda (Gräfin von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert?)

    Theda (1432-1494)

    Theda war die Erbin und Enkelin des Häuptlings Focko Ukena und brachte dessen Besitz in die Ehe mit Ulrich Cirksena ein. Ihre Stunde schlug, als dieser unvermutet am 27. September 1466 starb und sie mit sechs unmündigen Kindern allein ließ.