• Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (Kopie aus dem 19. Jahrhundert)

Christian Eberhard (1665-1708)

1690-1708 Fürst von Ostfriesland

Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft

Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) - Porträt in Privatbesitz, Weener (G. P. van der Zeepen, um 1693)
Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) – Porträt in Privatbesitz, Weener (G. P. van der Zeepen, um 1693)

„Das Sonnenkind des Hauses Cirksena“ (Reimers) war ein gutmütiger Bursche von stattlichem Aussehen. Er war ein Mann, der lieber nachgab als zu streiten, ostfriesisch sparsam aber nicht dickköpfig. Der posthum geborene Christian Eberhard wurde als einziger Sohn von seiner Mutter, der Fürstin Christine Charlotte, umhegt und umsorgt, bis er mit zehn Jahren ins Ausland zur Erziehung geschickt wurde. Der junge Mann reiste über die Niederlande nach Piemont und Frankreich, nach 1681 nach Italien und Österreich. Christian Eberhard ist bis auf den Vesuv gekommen, er hat die Königin Christine von Schweden in Rom besucht und dem Sonnenkönig Ludwig XIV. in Paris seine Referenz erwiesen.

Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) - Mezzotinto-Porträt im Besitz der Ostfriesischen Landschaft
Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) – Mezzotinto-Porträt (P. Schenk, um 1700. Besitz der Ostfriesischen Landschaft)
Christian Eberhard (oder Georg Albrecht? - beide Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Besitz der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert)
Christian Eberhard (oder Georg Albrecht? – beide Fürst von Ostfriesland) – Porträt im Besitz der Ostfriesischen Landschaft (18. Jh.)

 

Bildungsschätze hat er dabei nicht eingesammelt. Was ihn innerlich rührte, das war der schwäbische Pietismus, dessen Übergreifen auf Ostfriesland er gefördert hat. Gehorsam heiratete Christian Eberhard die ihm von der Mutter verschriebene Braut, und ebenso folgsam trat er erst 1690 die Regierung in Aurich an, was die der alten Fürstin feindlich gesinnten ostfriesischen Landstände seit langem gefordert hatten. Mit ihnen traf Christian Eberhard dann 1693 in Hannover und 1698 in Aurich Vergleiche, in welchen er Positionen, die seine Mutter gehalten hatte, aufgab. 1699 besuchte der junge Fürst dann demonstrativ Emden und ward herzlich aufgenommen.

Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) - Elfenbein-Medaillon im Besitz des Museums August Kestner in Hannover als Dauerleihgabe des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover (J. Cavalier, um 1688. Foto: Christian Tepper)
Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) – Elfenbein-Medaillon im Besitz des Museums August Kestner in Hannover als Dauerleihgabe des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover (J. Cavalier, um 1688. Copyright: Landeshauptstadt Hannover, Museum August Kestner. Fotograf: Christian Tepper)

 

Diese Politik einer gegenseitigen Respektierung haben Landesherr und Landstände beibehalten. Christian Eberhard versuchte, im Geiste des Pietismus ein treusorgender Hausvater seiner Untertanen zu sein. Ein Regen an Verordnungen fiel auf Ostfriesland, von der Sonntagsheiligung angefangen bis zum Verbot der Völlerei am Anfang der Fastenzeit. Seinem Naturell entsprechend war der Fürst tolerant: Die von seiner Mutter begonnene Zulassung von Reformierten neben Lutheranern nahm zu.

Christian Eberhard (? - Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Besitz der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert)
Christian Eberhard (? – Fürst von Ostfriesland) – Porträt im Besitz der Ostfriesischen Landschaft (18. Jh.)

 

Der seit 1682 im Land stehenden kurbrandenburgischen Drohung versuchte Christian Eberhard mit einer Erbverbrüderung mit dem Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg in Hannover zu begegnen. Dieser versprach dem Hause Cirksena im Fall des Aussterbens seiner Nachkommen die erbliche Nachfolge in den Grafschaften Hoya und Diepholz. Der Vertrag ist infolge der nicht eingeholten kaiserlichen Zustimmung nicht in Kraft getreten, anders als die 1694 erteilte kaiserliche Anwartschaft auf die Grafschaft Ostfriesland für den Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, die 1744 zur preußischen Besitznahme führte. Die seit einigen Generationen latente Dekadenz in der Cirksena-Familie raffte auch Christian Eberhard zu früh aus dem Leben. Der Norder- und der Süder-Christian-Eberhard-Polder im Reiderland erinnern noch heute an ihn.

 

Walter Deeters

Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) - Ausschnitt aus: Carl Köhl: Die Grafen und Fürsten von Ostfriesland und Harlingerland (1844) - Lithographie im Besitz der Ostfriesischen Landschaft
Christian Eberhard (Fürst von Ostfriesland) – Ausschnitt aus: Carl Köhl: Die Grafen und Fürsten von Ostfriesland und Harlingerland (1844) – Lithographie im Besitz der Ostfriesischen Landschaft

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Monogramm des Fürsten Christian Eberhards am Burgtor in Aurich
Monogramm des Fürsten Christian Eberhard am Burgtor in Aurich

Weitere Regentinnen und Regenten des Hauses Cirksena

  • Carl Edzard (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert)

    Carl Edzard (1716-1744)

    Dem letzten Fürsten von Ostfriesland aus dem Hause Cirksena – sozusagen als sein Charakteristikum – allein geistige Unbeweglichkeit, ja eine gewisse Infantilität und genetische Defizite als Folge eines mehrfachen Ahnenschwundes zu attestieren, damit auch seinen frühen und rätselhaften Tod zu erklären, vielleicht gar zu rechtfertigen, hieße sicher, einer überaus tragischen Figur nicht gerecht zu werden.

    Georg Albrecht (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Georg Albrecht (1690-1734)

    Nach Jahren heftiger Streitigkeiten zwischen der Stadt Emden und den ostfriesischen Landständen einerseits und dem Fürsten Georg Christian bzw. seiner Witwe Christine Charlotte, geb. Herzogin von Württemberg andererseits brachte der Regierungsantritt des Fürsten Christian Eberhard einen lang ersehnten Frieden. Dieser Friede stand jedoch auf unsicheren Füßen.

    Georg Christian (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Georg Christian (1634-1665)

    Georg Christian, zweiter Sohn von Graf Ulrich II. und Juliane, Landgräfin von Hessen, wuchs in enger Gemeinschaft mit seinem jüngeren Bruder Edzard Ferdinand am Hof in Aurich auf. Gemeinsam mit ihm erhielt er auch ab 1649 seine Erziehung an den Akademien von Breda und Tübingen.

  • Enno Ludwig (Fürst von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Enno Ludwig (1632-1660)

    Der Erstgeborene des Grafen Ulrich II. von Ostfriesland wuchs in den Nöten des Dreißigjährigen Krieges auf. Frühzeitig sorgten die Eltern dafür, ihn daraus zu entfernen und in die sicheren Niederlande zu schicken, die damals das kulturelle Zentrum Europas waren.

    Juliane (Gräfin von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (Kopie aus dem 19. Jahrhundert)

    Juliane (1606-1659)

    Als im Dreißigjährigen Krieg der Graf von Ostfriesland kurze Zeit Herr seiner selbst war, heiratete Ulrich II. im März 1631 die Landgräfin Juliane von Hessen aus der Darmstädter Linie. Damit griffen die Cirksena zum ersten Mal mit ihren Heiratsbeziehungen nach Süddeutschland aus.

    Ulrich II. (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (Kopie aus dem 19. Jahrhundert)

    Ulrich II. (1605-1648)

    Völlig unvorbereitet – die übliche Kavalierstour durch Frankreich und England hatte keine Spuren hinterlassen – mußte der 23jährige Ulrich die Herrschaft in Ostfriesland antreten, nachdem sein Bruder Graf Rudolf Christian unerwartet gestorben war.

    Rudolf Christian (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Rudolf Christian (1602-1628)

    Den Jungverstorbenen gilt die Sympathie der Geschichte, zumal wenn sie vor ihren ersten Fehlern verschieden sind. Rudolf Christian hatte bei dem Antritt der Regierung für sich seine Jugend und die augenblickliche Freiheit Ostfrieslands von Besetzung.

  • Enno III. (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert?)

    Enno III. (1563-1625)

    Der älteste Sohn des Grafen Edzard II., ein leiblicher Vetter des Königs Gustaf II. Adolf von Schweden, soll nach allgemeiner Aussage heiteren Gemütes gewesen sein, dem die Gabe zugefallen war, mit Menschen aller Schichten sprechen zu können.

    Anna (Gräfin von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert?)

    Anna (um 1500-1575)

    Neben den bekannten Cirksena-Grafen Edzard I. und Enno II. gehört die Gräfin Anna von Ostfriesland als Vormundschaftsregentin in die Reihe der Herrscherinnen, deren Regentschaft als eher unspektakulär zu bezeichnen ist.

    Enno II. (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (Kopie aus dem 19. Jahrhundert)

    Enno II. (1505-1540)

    Enno leidet in der Beurteilung bis heute darunter, daß er der Person des Grafen Edzard I. als Sohn und Nachfolger nicht gleichkam. War es Unfähigkeit oder Schicksal? Alles deutet darauf hin, daß diese Frage mit dem ersten Wort beantwortet werden muß.

  • Enno I. (Graf von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (undatiert)

    Enno I. (um 1460-1491)

    Der älteste Sohn des Grafen Ulrich I. von Ostfriesland übernahm in den Jahren nach 1480 mehr und mehr Regierungsaufgaben von seiner Mutter, der Gräfin Theda. Eine förmliche Regierungsübernahme fand nicht statt.

    Theda (Gräfin von Ostfriesland) - Porträt im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft (18. Jahrhundert?)

    Theda (1432-1494)

    Theda war die Erbin und Enkelin des Häuptlings Focko Ukena und brachte dessen Besitz in die Ehe mit Ulrich Cirksena ein. Ihre Stunde schlug, als dieser unvermutet am 27. September 1466 starb und sie mit sechs unmündigen Kindern allein ließ.