Von den 17 regierenden Cirksena in Ostfriesland waren immerhin 4 weiblich, obwohl Frauen wegen des rein männlichen Erbrechts die Regentschaft nur ausnahmsweise für ihre minderjährigen Söhne ausüben konnten.
Obwohl nicht Regentin, wurde auch Katharina Wasa, die Ehefrau Edzards II., als schwedische Königstochter in die historischen Galerien der Ostfriesischen Landschaft und im Auricher Schloss aufgenommen.
Kursivschrift in der folgenden Liste deutet an, dass diese Frauen letztlich nicht Gräfinnen oder Fürstinnen von Ostfriesland wurden; Erläuterungen dazu finden sich beim jeweiligen Namen. Bei den Regentinnen ist der Beitrag mit dem biografischen Artikel und ihren Porträts verlinkt.
Liste
Theda Ukena (1432-1494), 1464-1466 Gräfin als Ehefrau Ulrichs I., 1466-um 1480 Regentin
Elisabeth von Rietberg (um 1483-1512), 1497-1512 Gräfin als Ehefrau Edzards I.
Maria von Jever (1500-1575), mit ihren Schwestern Anna (1499-1536) und Dorothea (1501-?) 1517-1527/29 im Heiratsvertrag mit den Söhnen Edzards I. – weiteres Porträt Marias s. am Ende
Anna von Oldenburg (um 1500-1575), 1530-1540 Gräfin als Ehefrau Ennos II., 1540-1561 Regentin
Katharina Wasa von Schweden (1539-1610), 1561-1599 Gräfin als Ehefrau Edzards II. – Porträt: s. auch Link am Anfang
Walburgis von Rietberg (1555/56-1586), erste Ehefrau des Erbgrafen Enno (III.) – Kinderporträt mit Schwester Armgard s. am Ende
Anna von Schleswig-Holstein-Gottorf (1575-1610), 1599-1610 Gräfin als zweite Ehefrau Ennos III.
Anna Auguste von Braunschweig-Wolfenbüttel (1612-1673), 1622-1628 Verlobte Rudolf Christians, später Erbgräfin von Nassau-Dillenburg
Juliane von Hessen-Darmstadt (1606-1659), 1631-1648 Gräfin als Ehefrau Ulrichs II., 1648-1651 Regentin
Henriette Catharina von Oranien-Nassau (1637-1708), 1641-1655/56 Verlobte Enno Ludwigs, später Fürstin von Anhalt-Dessau
Sophie von Barby (1636-1677), 1656-1660 Fürstin als Ehefrau Enno Ludwigs
Christine Charlotte von Württemberg (1645-1699), 1662-1665 Fürstin als Ehefrau Georg Christians, 1665-1690 Regentin
Eberhardine Sophie von Oettingen-Oettingen (1666-1700), 1690-1700 Fürstin als (erste) Ehefrau Christian Eberhards – Porträts s.u.
Anna Juliana von Kleinau (1674-1727), 1701-1708 zweite, morganatische Ehefrau Christian Eberhards
Christine Luise von Nassau-Idstein (1691-1723), 1709-1723 Fürstin als erste Ehefrau Georg Albrechts
Sophie Caroline von Brandenburg-Kulmbach (1707-1764), 1723-1734 Fürstin als zweite Ehefrau Georg Albrechts – Porträt s.u.
Sophie Wilhelmine von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth (1714-1749), 1734-1744 Fürstin als Ehefrau Carl Edzards – Porträts s.u.
Heiratspolitik – die Erbinnen des Jever- und Harlingerlandes
Die ostfriesischen Grafen betrachteten das Harlinger- und das Jeverland als Teil ihres angestammten Herrschaftsbereiches. Da sich dort jeweils eine eigene Landesherrschaft entwickelte, versuchten sie nacheinander, die beiden Gebiete durch Heirat mit den jeweiligen Erbinnen für die Grafschaft zu erlangen.
Im Fall des Jeverlandes scheiterte der Anschluss, weil die Cirksena meinten, ihr Heiratsversprechen brechen zu können. Maria von Jever (s.o.) ließ sich nicht entmachten und vererbte ihr Land an die Grafschaft Oldenburg. Das Harlingerland wurde aber schließlich durch Heirat Teil der Grafschaft, obwohl dessen Erbin Walburgis von Rietberg (s.o.), nach der Geburt von zwei Töchtern verstarb und deren Abfindung die Cirksena in erhebliche Schwierigkeiten brachte.
Nach dem Aussterben des Hauses Cirksena in männlicher Linie versuchten zwei Schwestern des vorletzten Fürsten Georg Albrecht, Marie Charlotte (1689-1761) und Friederike Wilhelmine (1695-1750) vergeblich, die Nachfolge anzutreten.
Statt dessen setzte sich Friedrich II. von Preußen durch und gliederte Ostfriesland seinem Herrschaftsbereich an.
Ulrich entstammte der Häuptlingsfamilie von Greetsiel. Sein Vater Enno hatte das angefallene Erbe der Norder Attena bekommen und war damit Häuptling zu Norden geworden.
Theda war die Erbin und Enkelin des Häuptlings Focko Ukena und brachte dessen Besitz in die Ehe mit Ulrich Cirksena ein. Ihre Stunde schlug, als dieser unvermutet am 27. September 1466 starb und sie mit sechs unmündigen Kindern allein ließ.
Der älteste Sohn des Grafen Ulrich I. von Ostfriesland übernahm in den Jahren nach 1480 mehr und mehr Regierungsaufgaben von seiner Mutter, der Gräfin Theda. Eine förmliche Regierungsübernahme fand nicht statt.
Enno leidet in der Beurteilung bis heute darunter, daß er der Person des Grafen Edzard I. als Sohn und Nachfolger nicht gleichkam. War es Unfähigkeit oder Schicksal? Alles deutet darauf hin, daß diese Frage mit dem ersten Wort beantwortet werden muß.
Neben den bekannten Cirksena-Grafen Edzard I. und Enno II. gehört die Gräfin Anna von Ostfriesland als Vormundschaftsregentin in die Reihe der Herrscherinnen, deren Regentschaft als eher unspektakulär zu bezeichnen ist.
In allen Überlieferungen bleibt das Bild des Grafen Edzard merkwürdig schattenhaft: Er ist nicht gerade eine Unperson, aber es ist nichts Eigenes von ihm bekannt.
Der älteste Sohn des Grafen Edzard II., ein leiblicher Vetter des Königs Gustaf II. Adolf von Schweden, soll nach allgemeiner Aussage heiteren Gemütes gewesen sein, dem die Gabe zugefallen war, mit Menschen aller Schichten sprechen zu können.
Den Jungverstorbenen gilt die Sympathie der Geschichte, zumal wenn sie vor ihren ersten Fehlern verschieden sind. Rudolf Christian hatte bei dem Antritt der Regierung für sich seine Jugend und die augenblickliche Freiheit Ostfrieslands von Besetzung.
Völlig unvorbereitet – die übliche Kavalierstour durch Frankreich und England hatte keine Spuren hinterlassen – mußte der 23jährige Ulrich die Herrschaft in Ostfriesland antreten, nachdem sein Bruder Graf Rudolf Christian unerwartet gestorben war.
Als im Dreißigjährigen Krieg der Graf von Ostfriesland kurze Zeit Herr seiner selbst war, heiratete Ulrich II. im März 1631 die Landgräfin Juliane von Hessen aus der Darmstädter Linie. Damit griffen die Cirksena zum ersten Mal mit ihren Heiratsbeziehungen nach Süddeutschland aus.
Der Erstgeborene des Grafen Ulrich II. von Ostfriesland wuchs in den Nöten des Dreißigjährigen Krieges auf. Frühzeitig sorgten die Eltern dafür, ihn daraus zu entfernen und in die sicheren Niederlande zu schicken, die damals das kulturelle Zentrum Europas waren.
Georg Christian, zweiter Sohn von Graf Ulrich II. und Juliane, Landgräfin von Hessen, wuchs in enger Gemeinschaft mit seinem jüngeren Bruder Edzard Ferdinand am Hof in Aurich auf. Gemeinsam mit ihm erhielt er auch ab 1649 seine Erziehung an den Akademien von Breda und Tübingen.
Die Persönlichkeit wie auch die politische Leistung der Fürstin Christine Charlotte wurden in der bisherigen ostfriesischen Geschichtsschreibung fast ausnahmslos negativ beurteilt.
„Das Sonnenkind des Hauses Cirksena“ (Reimers) war ein gutmütiger Bursche von stattlichem Aussehen. Er war ein Mann, der lieber nachgab als zu streiten, ostfriesisch sparsam aber nicht dickköpfig.
Nach Jahren heftiger Streitigkeiten zwischen der Stadt Emden und den ostfriesischen Landständen einerseits und dem Fürsten Georg Christian bzw. seiner Witwe Christine Charlotte, geb. Herzogin von Württemberg andererseits brachte der Regierungsantritt des Fürsten Christian Eberhard einen lang ersehnten Frieden. Dieser Friede stand jedoch auf unsicheren Füßen.
Dem letzten Fürsten von Ostfriesland aus dem Hause Cirksena – sozusagen als sein Charakteristikum – allein geistige Unbeweglichkeit, ja eine gewisse Infantilität und genetische Defizite als Folge eines mehrfachen Ahnenschwundes zu attestieren, damit auch seinen frühen und rätselhaften Tod zu erklären, vielleicht gar zu rechtfertigen, hieße sicher, einer überaus tragischen Figur nicht gerecht zu werden.