Auricher Regentenporträts: Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft – Auricher Schloss
„Das Sonnenkind des Hauses Cirksena“ (Reimers) war ein gutmütiger Bursche von stattlichem Aussehen. Er war ein Mann, der lieber nachgab als zu streiten, ostfriesisch sparsam aber nicht dickköpfig. Der posthum geborene Christian Eberhard wurde als einziger Sohn von seiner Mutter, der Fürstin Christine Charlotte, umhegt und umsorgt, bis er mit zehn Jahren ins Ausland zur Erziehung geschickt wurde. Der junge Mann reiste über die Niederlande nach Piemont und Frankreich, nach 1681 nach Italien und Österreich. Christian Eberhard ist bis auf den Vesuv gekommen, er hat die Königin Christine von Schweden in Rom besucht und dem Sonnenkönig Ludwig XIV. in Paris seine Referenz erwiesen.
Bildungsschätze hat er dabei nicht eingesammelt. Was ihn innerlich rührte, das war der schwäbische Pietismus, dessen Übergreifen auf Ostfriesland er gefördert hat. Gehorsam heiratete Christian Eberhard die ihm von der Mutter verschriebene Braut, und ebenso folgsam trat er erst 1690 die Regierung in Aurich an, was die der alten Fürstin feindlich gesinnten ostfriesischen Landstände seit langem gefordert hatten. Mit ihnen traf Christian Eberhard dann 1693 in Hannover und 1698 in Aurich Vergleiche, in welchen er Positionen, die seine Mutter gehalten hatte, aufgab. 1699 besuchte der junge Fürst dann demonstrativ Emden und ward herzlich aufgenommen.
Diese Politik einer gegenseitigen Respektierung haben Landesherr und Landstände beibehalten. Christian Eberhard versuchte, im Geiste des Pietismus ein treusorgender Hausvater seiner Untertanen zu sein. Ein Regen an Verordnungen fiel auf Ostfriesland, von der Sonntagsheiligung angefangen bis zum Verbot der Völlerei am Anfang der Fastenzeit. Seinem Naturell entsprechend war der Fürst tolerant: Die von seiner Mutter begonnene Zulassung von Reformierten neben Lutheranern nahm zu.
Der seit 1682 im Land stehenden kurbrandenburgischen Drohung versuchte Christian Eberhard mit einer Erbverbrüderung mit dem Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg in Hannover zu begegnen. Dieser versprach dem Hause Cirksena im Fall des Aussterbens seiner Nachkommen die erbliche Nachfolge in den Grafschaften Hoya und Diepholz. Der Vertrag ist infolge der nicht eingeholten kaiserlichen Zustimmung nicht in Kraft getreten, anders als die 1694 erteilte kaiserliche Anwartschaft auf die Grafschaft Ostfriesland für den Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, die 1744 zur preußischen Besitznahme führte. Die seit einigen Generationen latente Dekadenz in der Cirksena-Familie raffte auch Christian Eberhard zu früh aus dem Leben. Der Norder- und der Süder-Christian-Eberhard-Polder im Reiderland erinnern noch heute an ihn.
Walter Deeters