• Opregte Embder Almanach 1788 - Einband mit Emder Stadtwappen

Opregte Emder / Uphuser Almanach (1784-1803)

Kalender, Handbuch oder Chronik?

Man kennt den Fischer-Weltalmanach, oder man hat schon etwas von einem „Musenalmanach“ gehört, aber eigentlich ist das Wort „Almanach“ heute kaum noch gebräuchlich. Bei Almanachen handelt es sich ursprünglich um Kalender mit astronomischen und meteorologischen Angaben, die seit der frühen Neuzeit gedruckt wurden und vor allem im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert überall ihre Leser fanden. Im 17. Jahrhundert wurde es üblich, die an sich schmalen Kalender durch weitere Informationen aufzuwerten. Der ab 1679 in Paris erscheinende französische „Almanache royal“ bot zusätzliche Nachrichten über Märkte und Messen, Hoffeste und Münzplätze. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts wurde er dann auch um die Genealogie des französischen Königshauses, ein Adelsverzeichnis etc. ergänzt. So wurden die Almanache häufig zu periodisch erscheinenden Kalenderpublikationen mit zusätzlichem genealogischem, diplomatischem, landwirtschaftlichem, nautischem oder auch literarischem Inhalt.

In der Landschaftsbibliothek gibt es neben einigen literarischen Almanachen auch Ausgaben des „Gothaischen genealogischen Hofkalenders“, des „Deutschen Regenten-Almanachs“ oder des evangelischen Almanachs „Neue Christoterpe“. Als Besonderheiten im Bestand der Landschaftsbibliothek können der „Almanach royal de Westphalie“ aus der napoleonischen Besatzungszeit oder der „Opregte Groninger Almanach“ auf das Jahr 1805 gelten. Letzterer ist in Deutschland nur in der Landschaftsbibliothek zu finden. Schon 1701 erschien der erste „Opregte Embder Almanach“, der – mit Lücken – immerhin über einen Zeitraum von 150 Jahren bis 1851 gedruckt wurde. Da es sich bei solchen Almanachen um „Gebrauchsliteratur“ handelt, haben sie nur sporadisch Eingang in Bibliotheken gefunden.

Die Herausgabe des Almanachs erfolgte in kleinen, handlichen „Taschenbuch“-Formaten, für den schnellen Gebrauch, die ihre Besitzer häufiger in einen fast mittelalterlich wirkenden flexiblen Pergamentumschlag ohne Rückenversteifung einbinden ließen. Dieser sog. Kopert wird auf der Rückseite verlängert um eine überstehende, sich verjüngende Klappe zu erhalten, die dem Schutz des Kalenders aber auch als Lesezeichen dienen kann.

Die frühen überlieferten Exemplare des Emder Almanachs aus den Jahren 1724, 1727, 1746 und 1748 bestehen aus zwei Teilen mit je eigener Seitenzählung. Den ersten Teil bildet der eigentliche Kalender mit Daten, Kirchenfesten, Namenstagen, aber auch mit Informationen über vorausberechnete Positionen von Sonne, Mond oder Planeten. Das Interesse an solchen Almanachen war ursprünglich oft astrologisch motiviert. Die wenigen bekannten Herausgeber des Emder Almanachs – der städtische Schreib- und Rechenmeister Samuel Gunter 1724, der Stadtmathematikus und Leermeister der Sternen- und Seefahrtskunde Symon Panser 1746 sowie der Emder Mathematiker und Seefahrtschullehrer Begemann 1827 bis 1851 – verfügten über die notwendige mathematische Qualifikation für die Berechnungen der Sternenkonstellationen. Insbesondere die späten Emder Almanache Begemanns wurden aber wegen zahlreicher Druckfehler und terminologischer Unklarheiten kritisiert.

Nach französischem Vorbild wurden die Kalender-Teile mit einem im gleichen Format gedruckten „Amtsverzeichnis“ kombiniert. Das hat man auch 1746 aufgegriffen, als man den Kalender nach einer Pause von 19 Jahren wieder neu auflegte. Das ist spannend, weil sich Ostfriesland unter neuer preußischer Herrschaft befand und deshalb kurze Erklärungen zu den Ämtern und ihren Funktionen und mitunter auch zur Amtsdauer erfolgen. Der Text beginnt hierarchisch ganz oben mit dem „allergenadygsten Landes Heer … Fridrich, de Tweede“. Es folgen das Hof- und das Kanzleigericht mit den Namen der Richter, Assessoren der Ritterschaft, Vizehofrichter und juristischen Assessoren. Danach werden die Bedienten der Kanzlei, des Konsistoriums, der Kriegs- und Domänenkammer, der Stände mit ihrem Kollegium aufgelistet. Folgen die Bürgermeister und Amtsträger der Stadt Emden, der hier praktizierenden Juristen und Anwälte, der Notare und der „Doctores Medicinae“. Es ergibt sich ein dichtes Bild der Amtsträger für das gesamte Ostfriesland, in dem nur einige Angaben aus dem Amt Stickhausen fehlen. Drost, Amtmann oder Rentmeister und weitere Amtsträger werden benannt. Bei den Kirchspielen sind jeweils die Namen der Prediger, Ältesten, Kirchvögte, Schulmeister und Schüttemeister aufgelistet. Abgeschlossen wird das Verzeichnis mit den Deich- und Sielachten.

Die späteren Kalender verzichten weitgehend auf diesen aufwändig zu pflegenden Amtskalender. Stattdessen werden die Nachrichten auf notwendige Informationen zur Post oder zur Seefahrt beschränkt. Im „Opregten Emder Almanak“ wird dagegen eine bei Römern und Chauken einsetzende „Kronijk of Benopt Verhaal Der voornaamste Geschiedenissen van Oostvriesland“ abgedruckt, jährlich erweitert um den Bericht zum vorangegangenen Jahr.

Paul Weßels

Nachdem dieser Beitrag zum Buch des Monats April 2019 erschienen war, erhielt die Landschaftsbibliothek aus einem Nachlass noch die Jahrgänge 1719, 1860, 1861 und 1867 des Emder Almanachs. Darüber hinaus bekamen wir die Erlaubnis, die Jahrgänge 1788, 1794 und 1803 sowie den Jahrgang 1784 des in Emden gedruckten „Opregten Uphuser Wunder-Almanachs“ aus Privatbesitz hier online zur Verfügung zu stellen.

Digitalisat Opregte Uphuser Wunder-Almanach 1784 (51,66 MB)

Digitalisat Opregte Embder Almanach 1788 (52,46 MB)

Digitalisat Opregte Embder Almanach 1794 (57,45 MB)

Digitalisat Opregte Emder Almanach 1803 (50,59 MB)

 

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